Hallo Mondknoten
Klar ist eine Durchsetzung unentspannt und Konflikte sind nicht bequem, aber mit leeren händen rausgehen ist für mich persönlich weitaus schlimmer. Das muss nicht unbedidngt im Job sein. Tut es deiner Seele gut wenn du bspw. an der schlange im Supermarkt nach hinten gedrängelt wirst, oder ein anderer Autofahrer den langgesuchten Parkplatz wegschnappt wobei du schon den Blinker gesetzt hast, oder du im Thema Job in Gruppenarbeiten mit den doofsten Aufgaben betraut wirst , die keiner haben will ?
Das hängt jetzt immer von Beispiel ab bzw. welche Bedeutung wir dem Beispiel geben. Und noch genauer: ob wir uns als Person angegriffen fühlen. Wenn sich jemand im Supermarkt vordrängt, dann gibt es ja verschiedene Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Ich kann (mehr oder weniger höflich) sagen: "He, hinten anstellen!" Oder "Gehen Sie nur vor, Sie haben es sicherlich eiliger als ich!" Dann nehme ich es als persönliche Kränkung wahr: der andere will mich übervorteilen, Warten an der Kasse ist blöd, ..... Es kann aber auch sein, dass - und das trifft heute für viele Menschen zu - dass sie so sehr mit ihrem kleinen, blöden Ego befasst sind, dass sie es gar nicht bemerkt haben, dass sie sich vorgedrängelt haben. Und in der Regel gehen die Leute dann auch nach hinten und entschuldigen sich - denn niemand will sich ja unbedingt den Unmut bzw. die Kommentare, bis er oder sie durch die Kasse durch ist anhören.
Und dieser Egoismus der wird immer stärker - meine Wahrnehmung ist, dass es eher bei den Älteren und nicht bei den Jüngeren der Fall ist. Häufig ist es Unbewußtheit. Es ist vielen gar nicht klar, dass sie durch ihre Handlungen andere verärgern oder zurücksetzen. Streß ist natürlich auch ein Faktor, der Rücksicht vergessen läßt - siehe Parkplatz. Und wenn wir beim Thema Verkehr bleiben: es ist doch vielen Menschen nicht bewußt, was sie durch ihr Verhalten anrichten oder es ist ihnen egal. Ob ich bei illegalen Autorennen Leute totfahre, riskante Überholmannöver mache oder wie vor vielen Jahren in Nürnberg ein Raser eine Skaterin auf der Großen Straße beim Reichsparteitagsgelände totgefahren hat - gegen solche Leute kannst Du Dich nicht durchsetzen, weil sie keinerlei Wertesystem besitzen, die anderen ebenfalls Rechte zugestehen. Und das Rechtssystem in Deutschland ist derartig lasch, dass das heute eher ein Kavalliersdelikt ist.
Das ist doch enorm schädigend . Die Situation, welcher dein Großvater hatte , dass würde ich nicht zum Thema hier zählen. Das entspricht eher dem Thema Gutmütigkeit , mehr geben als erhalten.
Das hatte mit Gutmütigkeit nichts zu tun: er hat sich als einziger gesehen, der die Firma am Laufen hält und war der festen Überzeugung, dass ohne ihn alles zusammenbricht. "Pflichterfüllung", die gar nicht gefordert war, sondern selbstauferlegt. Und dementsprechend beliebt war er auch bei den Kollegen
Aber wie soll man ein entspanntes, erfüllendes Leben führen wenn du ständig im Extremfall in allen Sachen von anderen Menschen verarscht bzw. unterdrückt wirst. Ich denke da ist man mehr als nur unentspannt.
Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den Du ansprichst. Wenn man von anderen Leuten im Bekanntenkreis verarscht wird, dann macht es keinen Sinn, einen weiteren Kontakt aufrecht zu erhalten - in einem Notfall wirst Du erst recht verarscht. Deshalb habe ich den Kontakt zu allen Menschen, die mir nicht guttun, abgebrochen. Das mag vielleicht extrem klingen, aber wenn ich mich auf Leute nicht verlassen kann, sie mich vielleicht noch betrügen, was habe ich denn von denen zu erwarten, vor allem, wenn es mir vielleicht mal schlecht geht? Sicher nix Gutes ...
Im Beruf sieht das Ganze etwas anders aus, da muß man mit den Leuten zusammenarbeiten oder sich eine andere Stelle suchen. Ich habe immer nur halbtags gearbeitet, was schon mal viel Druck rausnimmt: schon wird man nicht mit den "verantwortungsvollen" Aufgaben betraut oder der Chef sagt nicht: "Sie sind unser bester Mann!" Damit hat man so ein wenig einen Paradiesvogel-Status, vielleicht nehmen einen die anderen nicht so ganz für voll, aber ich bin frei - im Gegensatz zu denjenigen, die sich für wichtig und unabkömmlich sehen. Und unabkömmlich ist niemand. Das heißt nicht, dass man schlechte Arbeit abliefern muß. Und für halbtags kann es mir ja egal sein, was ich arbeite - denn was ist eine interessante Arbeit? Jede Arbeit muß gemacht werden und sie ist wichtig.
... zwangsläufig kann man das nicht immer ausser man lässt sich benachteiligen. Bspw. ein Auto knallt dir drauf und der andere fahrer ist schuld , will aber nichts einsehen gibt dir die Schuld, versucht die unfallstelle zu vertuschen etc. So ziehe ich mich zurück trage ich im Extremfall die ganzen Kosten, die schuld. Kämpfe ich nun aber , besteht die Chance, dass die Situiation gerecht ausgeht. Dazu benötigt man eben eine gewisse standhaftigkeit und durchsetzungsfähigkeit. Für mich wäre es nun um einiges schlimmer ungerechterweise die ganze schuld zu tragen , als in meiner komfortzone zu bleiben und dafür entspannter zu sein weil ich den Konflikt meide. Ich verstehe deine Entziehungstaktik schon ,aber sie klappt halt nicht immer finde ich.
Das sind ja zwei Paar Stiefel: wenn ich mich für ein freieres Leben mit weniger Geld und weniger Verantwortung entscheide, dann ist das meine Entscheidung - genausogut kann ich mich entscheiden, Karriere zu machen und mir zu überlegen, wo ich meine Talente am besten einsetzen kann, damit ich den Aufstieg hinbekomme.
Ganz anders beim Autobeispiel: Ich bin kein Autofahrer, deshalb fällt es mir schwer, die rechtliche Seite eines Autounfalls zu beurteilen: erstens kann man sich das Autokennzeichen des Unfallfahrzeugs merken, Fotos machen, ... zweitens, denke ich mal, die Polizei holen und wenn der Unfallfahrer den Unfallort verläßt, kann man Passanten bitten, Zeugen zu sein bzw. Anzeige erstatten wegen Fahrerflucht. Und da ja in der Regel die Versicherung den Schaden deckt ...? Das ist kein Kampf, es ist die Anwendung von Rechtsnormen.
Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit sind ein weites Feld und für jeden ganz anders definiert. Ich habe mich viele Jahre mit sozialer Ungleichheit beschäftigt, ich sehe es in der Schule, wo meine Frau Schulleiterin ist, ... es wird niemals eine "Gerechtigkeit" geben, wo alle 83 Millionen Deutsche sagen: Ja, das ist gerecht. Soll ein Arzt mehr verdienen als ein Raumpfleger? Wenn ja: wieviel? Das Doppelte, das Zehnfache, das Hundertfache? Darüber wird es niemals Einigkeit geben. Oder schau Dir die Pflegeberufe an: ist die Bezahlung fair? Wenn nein: um wieviel müßte die Bezahlung denn steigen?
Ich bin mir nicht sicher, ob Benachteiligung bewußt bei vielen Menschen geschieht oder einfach nur unbewußt. Ich würde mal auf letzteres tippen: klar, der Parkplatz, das ist eine Benachteiligung, die ganz bewußt geschieht. Das könnte aber auch dazu führen zu sagen: das ist kompliziert hier mit den Parkplätzen, das nächste Mal parke ich woanders, etc. Denn derjenige, der sich den Parkplatz weggeschnappt hat, ist ja auch nicht entspannt, sondern in einem Egoismus-Modus ...
LG vergnuegt