
ich will mal in ein paar losen Threads einige Unterschiede zwischen traditioneller und moderner Astrologie zusammentragen - und vielleicht die "Dogmatik", die man traditionellen Astrologen unterstellt, etwas zu entkräften. Wer hier tatkräftig mithelfen will ist gerne willkommen

Nach 20 Jahren Beschäftigung mit moderner (psychologischer) Astrologie habe ich mich der traditionellen Variante zugewandt - ein Grund ist sicherlich, dass so laaaangsam Literatur ins Deutsche übersetzt wurde bzw. diese Quellen überhaupt bekanntgemacht wurden. Sie erscheint mir persönlich stimmiger und sinnvoller in ihren Grundlagen.
Historisch muß man vielleicht wissen, dass sich Astrologie bis in die Renaissance immer weiterentwickelt hat und danach - vor allem durch die Aufklärung - in der Bedeutungslosigkeit versunken ist. Um sie daraus wieder hervorzuholen, haben einige Astrologen die Astrologie derart zertrümmert, zerschlagen und umgeschrieben, dass sie in die zunehmende "Wissenschaftlichkeit" hineinpasste. Psychologische Astrologie in ihren verschiedenen Varianten ist hier ein Kind.
Geburtsastrologie hatte früher niemals die Bedeutung, die sie heute erfährt: Radixdeutung war Königen, Fürsten, etc. vorbehalten - das "einfache Volk" bediente sich der Stundenastrologie, bzw. der Astrologen, die Stundenastrologie anboten. Die ganzen Fragen, die heute in Foren gestellt werden: "Liebt er/sie mich?" "Werde ich den Job bekommen?", ... das waren alles Stundenhoroskope, die auch heute noch wunderbar funktionieren.
Aber fangen wir mal an:
- Traditionelle und moderne Astrologie arbeiten mit Zeichen, Häusern und Planeten
- Während Zeichen (Widder bis Fische) und Häuser (1 bis 12) von ihrer Anzahl nicht unterscheiden werden, hat sich die Deutung teilweise gravierend geändert
- Die traditionelle Astrologie arbeitet mit sieben, die moderne Astrologie mit 10 Planeten und Lichtern (zusätzlich: Uranus, Neptun, Pluto)
Warum nur 7 Planeten, wenn wir 10 haben? Ist die traditionelle Astrologie nicht total veraltet?
Für mich gibt es hier zwei Gründe:
1. Uranus, Neptun und Pluto sind (Zwerg-)Planeten, die keine individuellen Aussagen zulassen, da sie sich viele Jahre in einem Zeichen aufhalten. Die Argumentation, dass man ja dann die Häuser heranziehen könnte, würde (vereinfacht) bedeuten, dass alle um eine bestimmte Uhrzeit an einem bestimmten Ort Geborenen diese drei Planeten immer im gleichen Haus haben - und zwar für Jahre, da sich die äußeren Planeten nur sehr langsam bewegen. Zudem spielen Aspekte in der modernen Astrologie eine wesentlich größere Rolle als in der traditionellen A.
2. Es wird die Symmetrie und - noch schlimmer - die Logik der Zeichen und Planeten aufgebrochen.
Die Logik hinter den Zuordnungen der Planeten zu den Zeichen ist eine komplett andere als die moderne Variante:
Die moderne Variante sagt: Wir habaen eine Frühlingspunkt und von da an gibt es einen logischen Ablauf übers Jahr - und das bricht man auch auf die Häuser herunter. Wir haben erstmal den ungestümen Widder, der losstürmt, den sicherheitsorientierten Stier, der seinen Besitz abzäunt, die Zwillinge, die das Geistige entdecken, .... bis hin zu den Fischen, die das Ganze auflösen und es beginnt mit dem Widder von vorne. Es gibt in Astrobüchern einige Beispiele für den Ablauf von Widder bis Fische - zum Beispiel von der Gründung bis zur Auflösung eines Unternehmens, usw.
Die traditionelle Variante geht hier ganz anders vor: sie fragt zuerst einmal nach der Beschaffenheit von Planeten und Zeichen und beginnt im Sommer. Im Sommer (August, Löwe) ist es am heißesten und am trockensten, also ist es logisch, einen heißen und trockenen Planeten hier zuzuordnen - die Sonne. Im Gegenzeichen (Wassermann) im tiefsten Winter wird der Planet gesetzt, der am weitesten entfernt ist: der Saturn (als "Gegenspieler" zur Sonne), der kalt und trocken (bzw. kalt und feucht) ist.
Der Mond ist kalt und feucht und findet neben der Sonne im Krebs ihren Platz. Ausgehend von diesen Platzierungen der beiden Lichter setzt man neben Krebs und Löwe den nächsten inneren Planeten - dem Merkur. Er ist kalt und trocken in der Jungfrau und warm und feucht in den Zwillingen. Venus wird Stier (kalt und trocken) und Waage (warm und feucht) zugeordnet. Mars im Widder (heiß und trocken), im Skorpion kalt und feucht. Jupiter im Schützen (warm und trocken), in den Fischen kalt und feucht. Saturn im Wassermann (kalt und feucht), Saturn im Steinbock (kalt und trocken).
Feuerzeichen sind also heiß und trocken, Luftzeichen warm und feucht, Wasserzeichen kalt und feucht, Erdzeichen kalt und trocken.
Die Planeten fühlen sich - je nachdem, wo sie stehen - wohler oder unwohler - das wird zum Beispiel teilweise bei den klassischen Würden Rechnung getragen. Die Sonne im Januar ist am schwächsten: sie ist heiß und trocken und muß im Wassermann in einem kalten und feuchten Zeichen stehen. Wie schrecklich! Da kann man keine Kraft entfalten (und steht im Exil). Der Saturn, ein kalter Planet, ist im Löwen, wo es heiß ist, total geschwächt - wie jemand, der zulange in der Sauna ist und eh keine hohen Temperaturen verträgt. Also auch Exil!
Diese Logik, die einfach z. B. der Jahreszeit (Temperatur) folgt, wird in der modernen Astrologie komplett ignoriert (man könnte das jetzt noch viel ausführlicher machen).
Warum sind Venus und Jupiter Wohltäter und Mars und Saturn Übeltäter?
Aus den Gründen der Beschaffenheit. Wir Menschen mögen gemäßigte Temperaturen (feucht, warm), aber nicht extrem kalt und extrem heiß - und dazu trocken. Wir brauchen ja Flüssigkeit.
Da Mars extrem heiß und trocken ist, ist er lebensfeindlich: in heißer und trockener Atmosphäre gibt es kein (menschliches) Leben (keine Flüssigkeit, kein Wasser)
Da Saturn extrem kalt (und trocken im Steinbock) ist, ist er lebensfeindlich: in extremer Kälte gibt es kein (menschliches) Leben (da keine Wärme und auch kein Wasser)
Umgekehrt bei Venus und Jupiter: sie sind besonders gemäßigte Planeten, feucht und warm, somit "Wohltäter".
Und das ist schon der ganze Zauber mit "Wohltätern" und "Übeltätern": oder würde von uns jemand gerne bei permanent +50 oder -20 Grad leben wollen? Das ist extrem hart, schwierig und lebensbedrohend.
Diese Logik (Temperatur, Temperament) wird in der mordernen Astrologie einfach aufgebrochen, in dem man die drei neuen Planeten wild hineinsetzt (Jupiter in den Fischen muß Neptun weichen, Mars im Skorpon Pluto, Saturn im Wassermann Uranus). Das macht - auf die traditionelle Astrologie bezogen - überhaupt keinen Sinn, ist ahistorisch und wird auch nicht ausreichend erklärt. Und ich frage mich, warum anscheinend noch niemand heute auf die Idee gekommen ist, diese Harmonie mit 8 Planeten und zwei Lichtern wieder zu etablieren: wenn wir für Sonne und Mond jeweils zwei Zeichen nehmen würden, für die restlichen 8 Planeten jeweils eines, dann hätte man zumindest wieder eine "Struktur" oder "Logik" - wenn man sie denn sinnvoll erklären könnte.
Soweit erstmal - Kritik, Anmerkungen, Ergänzungen, Verdeutlichungen, etc. sind erwünscht! Ich bin weder allwissend noch kann ich so erklären, dass es für alle vielleicht sofort komplett logisch ist

Alles Liebe!
vergnuegt