Dein Hammerleben - astrologische Beratung und Coaching

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GreenTara
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Dein Hammerleben - astrologische Beratung und Coaching

Beitrag von GreenTara » Do 8. Feb 2018, 15:07

Hallo zusammen :)

wer mag diesen - zugegeben nicht gerade kurzen - Artikel lesen und hier diskutieren, insbesondere im Hinblick auf Angebote aus dem Bereich der Astrologie bzw. der astrologischen Beratung, um deren Professionalisierung sich beispielweise der Deutsche Astrologen-Verband e.V. bemüht?

Patrick Schreiner: "Dein Hammerleben"

Kurz zusammengefasst geht es um die zahlreichen Beratungs- und Coachingsangebote, Ratgeberliteratur und -videos, die subtil eine Botschaft vermitteln:
Die neoliberale Gesellschaft schreibt die Schuld an sozialen und ökonomischen Problemen – Stichwort »Selbstverantwortung« – gerne den betroffenen Menschen zu. Gleiches gilt mit positivem Vorzeichen für individuelle Verdienste und Erfolge. In diesem Zusammenhang spielen (vermeintliche) Expertinnen und Experten für das alltägliche Leben eine nicht eben geringe Rolle. Es lohnt sich, sie genauer in den Blick zu nehmen: Was bedeutet es, wenn Menschen in einer solchen Gesellschaft Rat suchen – und andere ihn geben?

Ratgeberramsch

Längst nicht mehr zu überblicken ist die Zahl der Bücher, in denen Autorinnen und Autoren über Themen wie Reichtum, Selbstbewusstsein, Erfolg oder Glück aufklären wollen. Ihre Veröffentlichungen tragen Titel wie »Lass endlich los und lebe«, »Neuer Mut zum Glücklichsein«, »Mich übersieht keiner mehr«, »Am Arsch vorbei geht auch ein Weg«, »Die unendliche Quelle ihrer Kraft« und (der Klassiker schlechthin) »Sorge dich nicht – lebe!« Die Kernaussage ist stets die gleiche: Die Ursache wie auch die Lösung für Schwierigkeiten jeglicher Art liegt in jedem Menschen selbst. Folglich kann jeder erfolgreich und glücklich werden, wenn er nur die richtige innere Haltung mitbringt und/oder sein Verhalten ändert. Der Autor Ilja Grzeskowitz treibt diesen Glaubenssatz schon im Titel seines 2012 veröffentlichten Buchs: »Denk dich reich! Wohlstand ist Einstellungssache« auf die Spitze. Die Grenzen solcher Veröffentlichungen zur Esoterik sind bisweilen fließend. Esoterische und nichtesoterische Ratgeberliteratur unterscheiden sich im Grunde lediglich hinsichtlich der Frage, ob »übersinnliche« und »spirituelle« Faktoren existent und relevant sind.[...]

[...]Und das, ohne im geringsten als politisch zu gelten: Die Expertinnen und Experten wollen ja nur beraten, Tipps geben, unser Leben schöner und glücklicher machen. Wer könnte etwas dagegen haben? Genau darin aber liegt die Gefahr. Hier wird neoliberales, mithin sehr wohl politisches Gedankengut vermittelt, das oft selbst auf den zweiten Blick nicht als solches erkennbar ist.
Mich selbst treibt schon seit geraumer Zeit die Frage um, wem Astrologie - speziell die Deutung von und Beratung zu persönlichen Horoskopen - eigentlich am meisten nützt. Meine These, sehr zugespitzt formuliert:

Die Angebote im Beratungsbereich* nützen mehr den Astrologen als den Ratsuchenden.

Eine steile These? Oder doch nicht? Was meint ihr?

Schöne Grüße
Rita

*Damit sind auch kostenfreie Angebote via SocialMedia inkl. Foren gemeint.
»Ist es nicht zynisch, wenn sich führende Politiker ›Sorgen machen‹ wegen der ›steigenden Zahlen‹? Wie wäre es, wenn sie sich zur Abwechslung mal um Menschen sorgen würden?«

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Beitrag von vergnuegt » Do 8. Feb 2018, 15:39

Liebe Rita,

hinter all diesen Ratgebern und auch der psychologischen Astrologie stehen Ideologien.

Viele Glücksratgeber orientieren sich an der positiven Psychologie, also einer Richtung, dem erstmal ein interessanter Gedanke zugrundeliegt: wie kann man psychisches Leid vorab vermeiden, indem wir uns selbst innerlich stärken (zugegebenermaßen sehr platt und einfach formuliert). Die (unbefriedigende) Antwort lautet: Du musst nur selbst an ein paar Schräubchen drehen, dann wirds schon.

Und das ist auch der Kontext, in dem psychologische Astrologie folgt: ein Horoskop ist beliebig veränderbar, es gibt "Chancen" und "Herausforderungen", also dieses ganze sozialpädagogische Gesülze, dass Täter auch gleichzeitig Opfer sind, usw. usf. Und das setzen wir auch noch mit "Aufklärung" gleich.

Was wir erleben ist die Kehrseite der Aufklärung: wenn wir (gottseidank) mündig sind, also losgelöst aus kirchlichen und sonstigen Zwängen, dann sind wir auch für alles, was passiert, verantwortlich (neoliberaler Schluss). Wenn ich es nur zum Paketausfahrer schaffe - meine Schuld. Wenn ich Millionär werde - mein Verdienst, weil ich so fähig und tüchtig bin.

Wenn die psychologische Astrologie sagt: Nun, die böse Mars-Saturn-Konjuktion ist daran schuld ... dann ist das keine Lösung. Und es ist auch keine Lösung, dass man sagt: "Da muß ich nun an mir arbeiten ..." Psychologische Astrologie macht unser Horoskop zum Spielball: alles scheint veränderlich und jeder esoterische Quatsch von Wachstum, etc. ist ein leeres Versprechen. Das ist genau auch die neoliberale Ansicht: ich kann alles erreichen (überwinden), wenn ich nur will. Somit hat psychologische Astrologie auch einen neoliberalen Touch.

Das ist meine Erfahrung nicht. jeder ist jeden Tag - solange er oder sie nicht erleuchtet ist - der/diejenige, der er/sie ist und schon immer war. Und das einzige, was hilft ist Bewußtsein: dass ich mir tagtäglich klarmache, dass nicht alles selbstverstädlich ist, dass ich nicht anderen gegenüber mit meinen Ideologien und "Wahrheiten" überheblich bin (Vegan ist besser als Vegetarier ist besser als Fleischesser) - kurz: dass ich mich bemühen muss, über das hinauszukommen, was ich bin - durch tägliche Übung und Bewußtmachung. Indem ich mein Gegenüber wahrnehme. Indem ich mich wahrnehme.

Es gibt ein schönes Zitat von KNIGGE - und er hat sicherlich dabei nicht an die Selbstinszenierung vieler ("O je! Das ist meine Mars-Uranus-Opposition!") gedacht, sondern eine ehrliche Beschäftigung mit den eigenen Fehlern und Schwächen - und nicht deren Rationalisierung:

„Die Pflichten gegen uns selbst sind die wichtigsten und ersten, und also der Umgang mit unsrer eigenen Person gewiß weder der unnützeste noch uninteressanteste. Es ist daher nicht zu verzeihn, wenn man sich immer unter andern Menschen umhertreibt, über den Umgang mit Menschen seine eigene Gesellschaft vernachlässigt, gleichsam vor sich selber zu fliehn scheint, sein eigenes Ich nicht kultiviert und sich doch stets um fremde Händel bekümmert. Wer täglich herumrennt, wird fremd in seinem eigenen Hause; wer immer in Zerstreuung lebt, wird fremd in seinem eignen Herzen, muß im Gedränge müßiger Leute seine innere Langeweile zu töten trachten, büßt das Zutrauen zu sich selber ein und ist verlegen, wenn er sich einmal vis à vis de soi-même befindet.“

Somit nutzen natürlich die Angebote im Beratungsbereich eher den Geldbeuteln der Beratenden als den Klienten. In meinen Vorträgen sage ich den Leuten von vornherein, dass der Weg sehr schwer und ob wir das Ziel erreichen, ungewiss ist. Arbeiten daran müssen sie selbst, da hilft ihnen auch kein (psychologischer) Astrologe.

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Beitrag von Seschat » Fr 9. Feb 2018, 04:03

Hallo Leser :)

hallo Rita :)

In den meisten Fällen ist eine Beratung ein Win- Win Situation.

Ich stelle mal die These auf, dass jeder Berater (auch unbewusst), eine Win-Win-Strategie anwendet die zum Ziel hat, dass alle Beteiligten und Betroffenen einen Nutzen aus der Zusammenkunft ziehen.

Wer will schon seine Klienten schädigen oder nur abzocken und denkt nur an sich?

Win-Win lässt sich dann erzielen, wenn es gelingt, die Interessen zu artikulieren. Also man muss mit dem Ratsuchend absprechen, was er erwartet, meiner Erfahrung nach machen das die meisten Berater intuitiv.
GreenTara hat geschrieben:
Do 8. Feb 2018, 15:07
Die Angebote im Beratungsbereich* nützen mehr den Astrologen als den Ratsuchenden.
Das ist eine harsche Annahme, die du ja gleich relativierst :)
GreenTara hat geschrieben:
Do 8. Feb 2018, 15:07
Eine steile These? Oder doch nicht? Was meint ihr?
Win Win –heißt ja, beide Seiten profitieren davon. Ein Astrologe sollte deswegen nicht nur die Astrologie im Gepäck haben, sondern auch über andere Hilfsmittel (Kommunikationsführung) beherrschen ect. Empathie nach Roger ect.

Sich nur an Konstellationen aufhalten und so zu tun, dass diese etwas auslösen weiß ja inzwischen fast jeder Klient, die meisten Ratsuchende sind aufgeklärte. Im Social/Media/Bereich ist es etwas laienhafter. Da wird schon mal angenommen, wir besitzen die Glaskugel :D

Was will ein Berater denn erreichen? Ein Mensch kommt und hat ein Problem mit dem er nicht alleine fertig wird. Also schaut man genau hin, hört zu und stellt Fragen. Ähnlich wie in einer Therapie Sitzung. Nun ist es ja so, dass nicht immer (bei jedem Problem) eine Psychotherapie erforderlich ist. Vielleicht spürt der Ratsuchende einfach, dass er/sie nicht alle persönlichen Möglichkeiten ausschöpft oder zu dicht dran ist, und ´vor lauter Bäume den Wald nicht sieht´!!

Wenn man im Bekanntenkreis ein Problem erörtern will, kann es passieren, dass man/frau von der Meinung anderer beeinflusst wird, ein Therapeut macht das in der Regel nicht und ein guter Astrologe (mit anderen Werkzeugen ausgestattet) sollte das auch nicht machen. Allerdings hat sich in der Astrologie eine Sprache breitgemacht, die wenn man nicht aufpasst, an ´Vorhersagen´ erinnert. Das kann jedem guten Berater auch passieren. Wenn die Vorhersagen gut sind, dann hat der Ratsuchende ein Ziel und kann das Thema visualisieren. Die Psychologie arbeitet übrigen auch so.

Es wird bereits am Anfang einer Sitzung die Wunderfrage gestellt, „ was ist, wenn über Nacht eine Fee dir dein Problem abnimmt (so oder ähnlich)
was passiert dann mit dir, wie fühlt es sich an, eine gute Stimmung/ Gefühl zu haben; kann das schon jetzt so sein, auf dem Weg zur Lösung? Es ist oft erstaunlich, wie die Menschen darauf reagieren. Natürlich kann man nichts alles positiv reden, einen großen Verlust, eine Krebserkrankung oder Trauer gilt es auszuhalten und nicht wegzureden.

Zurück zum Klienten, der sich im privaten Umfeld eine Meinung anhören muss, oft brechen sie mit Freunden, weil die privaten ´Berater´ distanzlos sind.

Mit einem Astrologen/ beruflichen Berater /kann mensch sein Problem reflektiert und einen eignen Weg finden. Das ist deutlich ein Gewinn für jeden, egal ob die Beratung bezahlt wird oder ehrenamtlich geleistet wird. Ich möchte das auf keinen Fall abwerten.

GreenTara hat geschrieben:
Do 8. Feb 2018, 15:07
*Damit sind auch kostenfreie Angebote via SocialMedia inkl. Foren gemeint.
Und wenn das ehrenamtlich geschieht, ja sicher, hat der Ratgeber für sich auch ein gutes Gefühl – aber was ganz entscheidend ist, der Ratsuchende in der Regel auch.

Es wird sicher auch vorkommen, das 2 Menschen auseinander gehen, und ein schales Gefühl zurück bleibt. Das passiert überall wo Menschen in Kontakt treten und einen Anspruch am anderen haben. Nicht immer ist sowas kompatibel.

Das gerade der Astrologenverband da aufmuckt halte ich für bedenklich, dieser Verband schult nicht in Psychologische Gesprächsführung, sondern legt besonders den Schwerpunkt auf astrologische Techniken, sodass die Sprache im Asto- Terminus verfestigt wird und dann im Vordergrund steht.
Erst wenn der Astrologenverband alle möglichen Therapierelevanten Tools anbietet, wie Gesprächs-Therapie, Beratung in Sinne von Psychohygiene, und seine zertifizierten Mitglieder regelmäßig zur Superrevision einstellt, ist das für mich ein Gütesigel, vorher nicht.

Mir sind Leute begegnet, die eine Ausbildung in dem genannten Verband durchlaufen haben, die super alle möglichen Techniken drauf hatten aber den Umgang mit einem Ratsuchenden nicht beherrschten.

Wenn zwei Menschen in einer Beratungssituation auseinander gehen, und es eine Konfliktlösung ohne Verlierer gibt, ist das Gleichgewicht vorhanden. Alleine schon das Zuhören hat eine nicht zu unterschätzenden Stellenwert und bei sehr schwierigen Thema kann das schon eine Lösung sein, beflügeln, dass Problem in einem anderen Licht betrachten helfen und die Gewissheit, da ist jemand der zuhören kann, was heutzutage einen Seltenheitswert hat, lässt einen gestärkten Menschen zurück. Wenn man sein Handwerk versteht und zuhören kann, also nicht nur die Worte aufnehmen!!

Eine Anmerkung noch, im via Social / Media Bereich merke ich, das sich einige schwertun und hinter der Anonymität verstecken und keine Rückmeldung geben, nachdem sie Fragen gestellt haben. Ich stelle für mich fest, ´was nichts kostet ist auch nichts wert`. Schaut mal die Foren durch, wie viele nicht antworten!

Mich macht das schon ein wenig melancholisch, es hat mit mangelnder Wertschätzung zu tun. Und ja, der Berater braucht auch einen Lohn – egal wie der aussieht. Also wo ist da der Nutzen? Ich stelle für mich fest, dass nur eine selbstlose Haltung darüber hinweg hilft – Menschen sind eben so.


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Beitrag von vergnuegt » Fr 9. Feb 2018, 07:15

Hallo, Seschat,
Eine Anmerkung noch, im via Social / Media Bereich merke ich, das sich einige schwertun und hinter der Anonymität verstecken und keine Rückmeldung geben, nachdem sie Fragen gestellt haben. Ich stelle für mich fest, ´was nichts kostet ist auch nichts wert`. Schaut mal die Foren durch, wie viele nicht antworten!

Mich macht das schon ein wenig melancholisch, es hat mit mangelnder Wertschätzung zu tun. Und ja, der Berater braucht auch einen Lohn – egal wie der aussieht. Also wo ist da der Nutzen? Ich stelle für mich fest, dass nur eine selbstlose Haltung darüber hinweg hilft – Menschen sind eben so.
Ob Menschen so sind, hängt ja immer von der Haltung ab, das meine ich mit "Bewusstheit" oder "Unbewusstheit". Es gibt sicherlich asuch Menschen, die sich dafür bedanken oder Rückmeldung geben (das gilt ja nicht nur für Astroforen, sondern auch für Foren wo z. B. technische Hilfe anbgeboten wird).

Wir leben in einer extrem schnellebigen Zeit (vor 20 Jahren gab es noch so gut wie keine Smartphones, vor 5 Jahren gab es noch keine weitverbreiteten Tablets, die mobil alles streamen, was Du Dir wünschst, von Musik über Filme, etc.). Dazu kommt diese unerträgliche political correctness und die Annahme (des Astrologenverbands, von Astrologen, Psycfhologen, etc.) "aufgeklärt" und dadurch "bessere Menschen" zu sein als Generationen vor uns. Generationen nach uns werden das auch behaupten und sich über uns totlachen. :)

Ein Beispiel: vorgestern war der Server eines email-Anbieters down - es konnten keine mails verschickt und empfangen werden. Die Antwort des Supports: "Wir hatten eine technische Herausforderung!" Wahrscheinlich muß man heute so "positiv" kommunizieren, es ist aber ein Quatsch, das Ding ist halt einfach abgeschmiert, fertig.

Jeder Mensch hat in jedem Moment die Möglichkeit zu entscheiden, entweder unbewußt mit dem Mainstream mitzulaufen - oder es zu lassen. Es ist immer unsere eigene Entscheidung. Und die meisten Helfer - das wissen wir ja durch genügend Veröffentlichungen - versuchen, als Therapeut sich selbst zu therapieren.

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Beitrag von GreenTara » Fr 9. Feb 2018, 16:36

Hallo vergnügt :)

ich habe deine Zeilen mit großem Vergnügen gelesen. :yes:
vergnuegt hat geschrieben:
Do 8. Feb 2018, 15:39
Viele Glücksratgeber orientieren sich an der positiven Psychologie, also einer Richtung, dem erstmal ein interessanter Gedanke zugrundeliegt: wie kann man psychisches Leid vorab vermeiden, indem wir uns selbst innerlich stärken (zugegebenermaßen sehr platt und einfach formuliert). Die (unbefriedigende) Antwort lautet: Du musst nur selbst an ein paar Schräubchen drehen, dann wirds schon.
Yup. Und so platt formuliert ist das gar nicht. Es ist nämlich wirklich so einfach gedacht: Wenn ich XY tue, dann vermeide, verhindere ich Z. Nur geht die Rechnung halt nie so ganz auf. Da kann man an den Schrauben und Schräubchen drehen, so viel und so fest man will.
Und das ist auch der Kontext, in dem psychologische Astrologie folgt: ein Horoskop ist beliebig veränderbar, es gibt "Chancen" und "Herausforderungen", also dieses ganze sozialpädagogische Gesülze, dass Täter auch gleichzeitig Opfer sind, usw. usf.
:rofl: Wenn es denn mal nur soz-päd-Gesülze wäre... Es gibt auch genug Psychologen, die etwas Ähnliches verzapfen. Ob sie das aus Überzeugung tun, weiß ich nicht. Ich weiß jedoch, dass sie dies im Auftrag des Staates etwa via Rentenversicherung tun.
Das ist genau auch die neoliberale Ansicht: ich kann alles erreichen (überwinden), wenn ich nur will. Somit hat psychologische Astrologie auch einen neoliberalen Touch.
Genau das deckt sich mit meinen Beobachtungen und ist unter anderem der Grund dafür, dass ich nicht mehr gegen Bezahlung berate. Ich möchte so wenig wie möglich dazu beitragen, dass Menschen in dem allgegenwärtigen Rattenrennen länger durchhalten. Mir wäre lieber, sie würden erkennen, was sich da abspielt und wie sie zur Selbstausbeutung angehalten werden.
Indem ich mich wahrnehme.
Ich bin, was ich bin und ich tue, was ich tue. Was sich verändert hat im Laufe der Jahre: Mir ist häufiger bewusst, was ich tue. Und daher kann ich entscheiden, ob ich etwas tue oder nicht. Damit bin ich zufrieden.
„Die Pflichten gegen uns selbst sind die wichtigsten und ersten, und also der Umgang mit unsrer eigenen Person gewiß weder der unnützeste noch uninteressanteste. Es ist daher nicht zu verzeihn, wenn man sich immer unter andern Menschen umhertreibt, über den Umgang mit Menschen seine eigene Gesellschaft vernachlässigt, gleichsam vor sich selber zu fliehn scheint, sein eigenes Ich nicht kultiviert und sich doch stets um fremde Händel bekümmert. Wer täglich herumrennt, wird fremd in seinem eigenen Hause; wer immer in Zerstreuung lebt, wird fremd in seinem eignen Herzen, muß im Gedränge müßiger Leute seine innere Langeweile zu töten trachten, büßt das Zutrauen zu sich selber ein und ist verlegen, wenn er sich einmal vis à vis de soi-même befindet.“
Das ist wirklich gut! Hätte ich dem Knigge gar nicht zugetraut. Als ich eine kluge Frau vor Jahren fragte, was meine (Lebens-)Aufgabe sei, sagte sie etwas sehr Ähnliches, nämlich, dass es meine vornehmste Aufgabe sei, gut mit mir umzugehen. Mir fällt es schwer, über einen längeren Zeitraum mit Menschen zusammen zu sein, die aktionistisch durch die Gegend hüpfen, weil sie sich selbst nicht aushalten.
Somit nutzen natürlich die Angebote im Beratungsbereich eher den Geldbeuteln der Beratenden als den Klienten. In meinen Vorträgen sage ich den Leuten von vornherein, dass der Weg sehr schwer und ob wir das Ziel erreichen, ungewiss ist. Arbeiten daran müssen sie selbst, da hilft ihnen auch kein (psychologischer) Astrologe.
:yes: Darf ich dich fragen, was für Vorträge du hältst und vor welchem Publikum?

Liebe Grüße
Rita
»Ist es nicht zynisch, wenn sich führende Politiker ›Sorgen machen‹ wegen der ›steigenden Zahlen‹? Wie wäre es, wenn sie sich zur Abwechslung mal um Menschen sorgen würden?«

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Beitrag von vergnuegt » Fr 9. Feb 2018, 17:17

Liebe Rita,
Wenn es denn mal nur soz-päd-Gesülze wäre... Es gibt auch genug Psychologen, die etwas Ähnliches verzapfen. Ob sie das aus Überzeugung tun, weiß ich nicht. Ich weiß jedoch, dass sie dies im Auftrag des Staates etwa via Rentenversicherung tun.
Die Psychologen schließe ich ein und natürlich in der Gesamtheit alle Gutmenschen, die mit dem SUV zum Biomarkt fahren, um drei Eier zu kaufen. Wer übrigens im Bioladen einkauft, sollte mal auf den Zucker- und Fettgehalt der angebotenen Lebensmittel sehen - häufig höher als "normale" Waren. Gutmenschen sind diejenigen, die die meisten Ideologien besitzen.
Und so platt formuliert ist das gar nicht. Es ist nämlich wirklich so einfach gedacht: Wenn ich XY tue, dann vermeide, verhindere ich Z. Nur geht die Rechnung halt nie so ganz auf. Da kann man an den Schrauben und Schräubchen drehen, so viel und so fest man will.
Ich habe mich nicht soo intensiv z.B. mit NLP befasst, dass ich dazu wirklich ein abschließendes, fundiertes Urteil abgeben könnte ...
Ich bin, was ich bin und ich tue, was ich tue. Was sich verändert hat im Laufe der Jahre: Mir ist häufiger bewusst, was ich tue. Und daher kann ich entscheiden, ob ich etwas tue oder nicht. Damit bin ich zufrieden.
Genau. Ich bin immer noch grundsätzlich der gleiche Mensch, der ich vor 20 Jahren auch war. Niemand ändert sich grundlegend und wird von einem schüchternen Menschen zum "Hoppla hier bin ich!" - Typen. Aber indem mir bewußt wird, was ich tue und ich mich und andere nicht bewerte (z. B. als "klug" oder "dumm"), kann ich aus irgendwelchen "Programmen" aussteigen - das ich so und so sein soll, usw. Es kommt ja auch gar nicht darauf an, etwas zu erreichen - was sollte man denn erreichen? Das sind alles gesellschaftliche Normen.

Knigge war ein Aufklärer reinsten Wassers. "Über den Umgang mit Menschen" ist kein Benimm-Buch. Knigge schreibt im Vorwort, dass er in seinem Leben mt anderen so viele Fehler gemacht hat, dass er sich hingesetzt hat und überlegt hat, wie er das aufschreibt, damit andere dieser Fehler nicht machen müssen. Über Messer und Gabel, Tischmanieren, etc. steht überhaupt nichts drin. Und es ist online verfügbar (und natürlich gedruckt, da gemeinfrei):

http://www.zeno.org/Literatur/M/Knigge,+Adolph+Freiherr+von/Schriften/%C3%9Cber+den+Umgang+mit+Menschen

Ein wirklich sehr lohnenswertes Buch, finde zumindest ich.
Darf ich dich fragen, was für Vorträge du hältst und vor welchem Publikum?
Ich biete an der Volkshochschule Vorträge an, zu verschiedenen Themen: Transaktionsanalyse, Lebenszufriedenheit, Knigges Über den Umgang mit Menschen :) , Sprichwörter, Redensarten, Freizeitnutzung, "Am Ende des Geldes ist noch soviel Monat übrig", ... was mir einfällt und wo ich denke, dass möglicherweise Leute Interesse daran haben. Natürlich sind das auch zum Teil "Ratgebervorträge" wie das mit dem "Am Ende des Monats ...". Aber es ist nicht auf einer psychologischen Ebene, wenn ich den Leuten einfach ein paar Wege aufzeige, günstig an Möbel, Bücher, Klamotten, ... zu kommen, wie man am sozialen Leben teilhaben kann auch mit wenig Geld, usw.

Bist Du denn für heute schon mit dem Stricken fertig? :)

Gruss
vergnuegt

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Beitrag von GreenTara » Fr 9. Feb 2018, 18:38

Hallo vergnügt :)
vergnuegt hat geschrieben:
Fr 9. Feb 2018, 17:17
Bist Du denn für heute schon mit dem Stricken fertig? :)
Nö, aber zwischendrin braucht es schon eine Pause. Jetzt ist noch einmal eine Runde Turbo-Stricken dran und dann möchte ich noch auf Seschats und deinen letzten Beitrag eingehen.

Bis später :)
Rita
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Beitrag von GreenTara » So 11. Feb 2018, 20:39

Hallo Seschat :)

danke für deine ausführliche Antwort. Die ist so lang, dass ich mich ein wenig überfordert mit einer Rückmeldung fühle. Aber gut, das habe ich nun von meiner provokanten Fragestellung. :D
Seschat hat geschrieben:
Fr 9. Feb 2018, 04:03
In den meisten Fällen ist eine Beratung ein Win- Win Situation.
Du zielst in deiner Antwort mehr auf das Setting einer Beratung sowie Beratungstechniken. Vielleicht habe ich mich unklar ausgedrückt, denn mir ging es vor allem um den Aspekt der - sicher oft auch gar nicht unbedingt gewollten - "Indoktrination" (s. Artikel von Schreiner). Vergnügt hat das ja auch sehr gut zusammengefasst in seinen Beiträgen. Doch nun zu deinem Beitrag:
Ich stelle mal die These auf, dass jeder Berater (auch unbewusst), eine Win-Win-Strategie anwendet die zum Ziel hat, dass alle Beteiligten und Betroffenen einen Nutzen aus der Zusammenkunft ziehen.
Im besten Falle: Ja.
Wer will schon seine Klienten schädigen oder nur abzocken und denkt nur an sich?
Mein kleiner innerer Kobold sagt: Bewusst schädigen und abzocken wollen wohl nur wenige. Aber wenn jemand etwas tut, egal was, dann tut er es in erster Linie für sich. Das ist auch völlig in Ordnung, so lange einem klar ist, dass man das eben für sich tut und andere auch etwas vom Tun haben können, aber nicht zwangsläufig profitieren werden.
Seschat hat geschrieben:
Fr 9. Feb 2018, 04:03
GreenTara hat geschrieben:
Do 8. Feb 2018, 15:07
Die Angebote im Beratungsbereich* nützen mehr den Astrologen als den Ratsuchenden.
Das ist eine harsche Annahme, die du ja gleich relativierst :)
Yup, es war eine Provokation. Aber eben eine in dem Sinne, dass jedes Tun zunächst einmal auf den eigenen Gewinn gerichtet ist. Der Gewinn kann ja durchaus darin liegen, das mir jemand ein Lächeln schenkt, weil ich x oder y tat. Es wäre ja auch eine Möglichkeit, zu sagen: Ich mache Astrologie, weil ich darauf einfach Bock habe und mir damit ein Geld verdienen möchte und es außerdem sehr schön finde, wenn sich jemand nach einem Gespräch besser fühlt, klarer sieht oder was auch immer.

Dennoch sehe ich diesen ganzen Bereich des Coachings, der Beratung und auch der Psychotherapie sehr kritisch und möchte daher wieder auf den Schreiner-Artikel verweisen. Selbstverständlich bleibt den meisten Menschen nichts anderes übrig, als ihre Arbeitskraft und ihre Kenntnisse zu vermarkten und anzupreisen, um einen Lebensunterhalt zusammenzukratzen, weil wir eben alle diesen System unterworfen sind, in dem man nicht mal eben in einen herumliegenden Apfel beißen kann, wenn man Hunger hat, weil der Apfel jemandem gehört und erst erworben sein will. Davon sind Berater und Ratsuchender nicht ausgenommen.
Win Win –heißt ja, beide Seiten profitieren davon. Ein Astrologe sollte deswegen nicht nur die Astrologie im Gepäck haben, sondern auch über andere Hilfsmittel (Kommunikationsführung) beherrschen ect. Empathie nach Roger ect.
Wenn Astrologe beraten will, dann ist das von Vorteil. Aber - nächste steile These - dann braucht er eigentlich gar keine Astrologie. Dann reichen drei Konstellationen, um ins Gespräch zu kommen, in dessen Verlauf es selten um Astrologie geht, sondern statt dessen um mögliche Lösungen und Lösungswege oder darum, sich einfach einmal auszusprechen und Gehör zu finden.
Was will ein Berater denn erreichen? Ein Mensch kommt und hat ein Problem mit dem er nicht alleine fertig wird. Also schaut man genau hin, hört zu und stellt Fragen. Ähnlich wie in einer Therapie Sitzung. Nun ist es ja so, dass nicht immer (bei jedem Problem) eine Psychotherapie erforderlich ist. Vielleicht spürt der Ratsuchende einfach, dass er/sie nicht alle persönlichen Möglichkeiten ausschöpft oder zu dicht dran ist, und ´vor lauter Bäume den Wald nicht sieht´!!
Genau da setzt meine Kritik an: Es wird alles Mögliche sondiert, was mit der Person selbst zu tun hat, mit ihren Wünschen, Vorstellungen, Gedanken, Fähigkeiten etc. Dass aber viele Probleme aus bestimmten Gegebenheiten resultieren, wird selten artikuliert. Nicht von ungefähr sind Psychotherapeuten völlig überlaufen, Berentungen wegen psychischer Erkrankungen zunehmend und der Coachingbereich am Blühen. Und das liegt nicht daran, dass Menschen ihre Möglichkeiten nicht ausschöpfen. Es liegt daran, dass ein riesiger Elefant im Raum steht, über diesen Elefanten aber nicht gesprochen wird, obwohl dieser Elefant die Ursache nicht weniger Probleme ist. Der Elefant ist das, was Schreiner in seinem Artikel beschreibt:
Marktkonformes Verhalten

Neoliberale Gesellschaften sind Marktgesellschaften, in denen Produktion und Konsum der Kapitalvermehrung dienen. Zugleich sind sie Beratungsgesellschaften, in denen Menschen ihre Rollen und Funktionen im sozialen und ökonomischen Ganzen mit Unterstützung Dritter beständig durchdenken, weiterentwickeln und optimieren. Beides hängt eng zusammen, und die eben erwähnten Expertinnen und Experten spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie liefern Handlungsmuster, Denkfiguren, Erklärungen und moralische Vorstellungen, die das Leben (angeblich oder tatsächlich) verständlicher und eindeutiger machen. Sie geben vor, den richtigen Weg zu Zufriedenheit, Glück und Erfolg zu weisen – durch Integration in eben diese Marktgesellschaften.

Quelle: s. Eingangsbeitrag
Und genau darüber wird eben höchst selten geredet, statt dessen geht es im Astrologen-Sprech um "Hemmung und Kompensation, entwickelte und unentwickelte Planeten" und ähnliche Sprachungetüme, die subtil transportieren, dass man "es schaffen kann, wenn man es nur richtig anpackt". Dieser Unfug ist weit verbreitet und neuerdings werden sogar Schüler bei Massenveranstaltungen in dieser Weise indoktriniert: Der Motivationscoach. :gruebel:
Es wird bereits am Anfang einer Sitzung die Wunderfrage gestellt, „ was ist, wenn über Nacht eine Fee dir dein Problem abnimmt (so oder ähnlich) was passiert dann mit dir, wie fühlt es sich an, eine gute Stimmung/ Gefühl zu haben; kann das schon jetzt so sein, auf dem Weg zur Lösung? Es ist oft erstaunlich, wie die Menschen darauf reagieren.
Nun bin ich leider von der störrischen Sorte und finde diese Frage schrecklich. :D Ich weiß aber, dass sie so manch einem durchaus Türen öffnet.

Um das zusammenzufassen: Mir ging es darum, dass man im Beratungsbereich, ob man will oder nicht, sehr wahrscheinlich dazu beiträgt, dass Elefanten nicht gesehen werden. Zudem erzeugt man oft einen Motivationsschub, der in der Realität nicht selten wieder geschreddert wird, denn die vielen Fähigkeiten, Fertigkeiten, Ideen etc. werden etwa im Beruf gar nicht "abgerufen", entgegen aller anders lautenden Bekenntnisse der Arbeitgeber. Da muss man schon aufpassen, dass man nicht in so eine Dauerschleife von Motivation - Ernüchterung - Beratung/Coaching gerät.

Eine sehr persönliche Erfahrung: Um die Jahrtausendwende war ich längere Zeit in Therapie und die Therapeuten dieser Klinik waren sehr darauf bedacht, uns zu vermitteln, dass es eine Folge dieser Behandlung sein könne, anschließend weniger "pflegeleicht" zu sein und anzuecken. Heute erlebe ich in der Therapie (die ich nicht wirklich brauche), dass es darum geht, "sozial etwas geschmeidiger" zu werden, weniger anzuecken. Mal sehen, was in 15 Jahren in Mode ist... :kopfueb:
Das gerade der Astrologenverband da aufmuckt halte ich für bedenklich,
Wie meinst du das? Wo muckt der DAV auf? :gruebel:

Danke für deine Darlegungen und liebe Grüße
Rita
»Ist es nicht zynisch, wenn sich führende Politiker ›Sorgen machen‹ wegen der ›steigenden Zahlen‹? Wie wäre es, wenn sie sich zur Abwechslung mal um Menschen sorgen würden?«

M. Burchardt

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